Deutsche jüdische Soldaten im Ersten Weltkrieg

Ein Projekt im Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten

Deutsche jüdische Soldaten im Ersten Weltkrieg

Ein Projekt im Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten

100 Jahre nach dem Beginn des Ersten Weltkrieges stellen wir uns immer noch viele Fragen. 

Was hat Juden dazu bewegt, mit Begeisterung als deutsche Soldaten in den Krieg zu ziehen? Heute wissen wir, dass 20 Jahre später alle Hoffnung auf Anerkennung und Integration in die deutsche Gesellschaft brutal vernichtet wurde. 

Welche Stimmung herrschte damals an unserer Schule, dem Philanthropin? 

Der damalige Schulleiter Dr. Salo Adler, der die Schule seit 1900 leitete, schrieb: „Laut jubeln wir heute bei der Kunde von der Vernichtung gewaltiger feindlicher Armeen, wenn 100 000 Russen in den Sümpfen und Seen Ostpreußens ihr Ende finden, wenn große feindliche Schiffskolosse durch unsere kühnen Unterseeboote in Grund gebohrt werden und mit Mann und Maus untergehen, wenn ein Schuss unserer gewaltigen Brummer oder der mähenden Maschinengewehre ganze Truppenteile vernichtet: Wer denkt an die Fülle des Elends, die nur eine einzige dieser deutschen Heldentaten im Gefolge hat, nicht nur für die Krieger, die mitten im blühenden Leben für ihr Vaterland den Tod finden, vor allem für die viel zahlreicheren Hinterbliebenen, für die vielen Tausende Witwen und Waisen, Eltern und Angehörige, deren Stützen und Ernährer hingerafft werden! Alle ethischen Werte erscheinen im Kriege aufgehoben, die verzeihende Liebe hat der rohen Vergeltungstheorie Platz gemacht…“ 

Bei weiteren Recherchen stießen wir auf ein längeres Gedicht, das ein jüdischer Soldat, Immanuel Saul, an seine Frau und seine drei Söhne geschrieben hat. Dieses Gedicht stammt nicht von einem Philanthropiner, aber in ihm werden viele unserer Fragen beantwortet. 

Ohne seine Kinder und seine Frau noch einmal zu sehen, ist Immanuel Saul an der Front gefallen. Sein „süßes Weib“ Hedwig hatte lange geglaubt, ihr Status als Witwe eines mit dem Eisernen Kreuz dekorierten gefallenen Frontkämpfers würde sie schützen. Nach der Pogromnacht wurde ihr diese Fehleinschätzung deutlich und sie versuchte zu fliehen, was ihr aber nicht gelang. Am 17.1.1942 nahm sie sich das Leben, als sie die Einberufung in das KZ in Riga erhielt.

 An meine Kinder (Auszug)

 Gedichtet am 11. bis 12. Februar 1915

Als ich hinauszog, für das Vaterland
zu streiten wider Tücke und Verrat,
Da sprangt ihr frohbewegt um mich herum –
Und jauchzet eurem tapfren Vater zu.

Euch freute wohl der kriegerische Schmuck,
Die neu errungene Würde  eures Vaters.
Verborgen blieb dem kindlichen Gemüt,
was es bedeutet, wenn von Weib und Kindern
Der Gatte, Vater zieht in Kampf und Tod.

Doch später, wenn ihr reifer, klüger seid,
Und wenn vielleicht im Osten mein Gebein
Fern, einsam unter schlichtem Holzkreuz bleicht –
Dann wird ein Grauen euch, ein Entsetzen packen,
Und jener Stunde werdet ihr gedenken
Da er von euch den letzten Abschied nahm…

Am Mitzvah-Day beteiligte sich das 9. Schuljahr an einer Gedenkzeremonie auf dem jüdischen Friedhof mit Stadtkämmerer Uwe Becker. 

Drei Schülerinnen und Schüler entwickelten das Thema weiter und reichten es zum Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten „Anders sein. Außenseiter in der Geschichte“ ein. 

Die Ergebnisse ihrer Forschung werden in der Schule vorgestellt. Wir hoffen, dass die Lichtigfeld-Schule mit insgesamt drei Ausarbeitungen zum Thema (wir berichteten) erfolgreich sein wird.